„Trumps Comeback: Europas neue Herausforderung?“
Amerika hat gewählt, in China tagte der Volkskongress und Deutschland steht vor Neuwahlen. Die Börsen scheinen in diesen Tagen längere politische Beine zu haben als sonst. Natürlich ist die Einordnung dieser Ereignisse ein Schwerpunkt dieser Ausgabe.
Wir wollen Ihnen aber gern noch weitere Inspiration bieten und beschäftigen uns mit dem Covered-Bond-Markt, der Bewertungsdifferenz zwischen europäischen und US-Aktien und der aktuellen Situation an den Immobilienmärkten.
Ich wünsche Ihnen wieder spannende „ViEWs“!
Ihr Frank Becker
Navigating an uncertain world
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Trump is back
Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten, Donald J. Trump, ist auch zum 47. Präsidenten gewählt worden. Damit wird erst zum zweiten Mal in der Geschichte der USA, nach Grover Cleveland Ende des 19. Jahrhunderts, ein US-Präsident nach vier Jahren Pause ins Weiße Haus zurückkehren.
Dabei kommt das Wahlergebnis einem Erdrutschsieg für die Republikaner gleich. Trump gewann nicht nur alle sieben „Swing States“, also Staaten, die als besonders umkämpft eingestuft wurden und im amerikanischen Wahlsystem mit Wahlmännern letztlich das Ergebnis der Wahl determinieren, sondern er dürfte zum ersten Mal in seinen drei Anläufen auch die „Popular Vote“ gewinnen, also landesweit mehr Stimmen auf sich vereinen als sein jeweiliger Gegner.
Noch viel wichtiger als die „Popular Vote“ ist aber, dass die Republikaner mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in beiden Kammern des neuen US-Kongresses eine Mehrheit stellen dürften. Für die endgültige Bestätigung der „Red Wave“, also der Kontrolle des Präsidentenamtes, des Senats und des Abgeordnetenhauses durch die Republikaner, fehlt nur noch die finale Auszählung einer Handvoll Distrikte in den westlichen Bundesstaaten. Unsere seit dem Ende des letzten Jahres gehaltene Annahme hat sich damit materialisiert.
Ohne die Mehrheiten im Kongress wären Trumps Handlungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt, insbesondere auf der fiskalpolitischen Seite. Während des Wahlkampfes hat er eine Vielzahl von, teilweise auch einander widersprechenden, Ideen geäußert, wovon einige den politischen Realitätscheck in Washington auch sicher nicht vollkommen unversehrt überstehen werden. Entscheidend wird nun also die Priorisierung und der Zeitablauf der Politikvorhaben sein.
Durch die republikanischen Mehrheiten im Kongress dürfte das Thema Steuerreform im Jahr 2025 ein zentrales Thema sein, zumal eine Vielzahl an Steuersenkungen aus seiner ersten Amtszeit, welche landläufig auch seinen Namen tragen („Trump Tax Cuts“), Ende nächsten Jahres auslaufen werden. Eine Verlängerung dieser Maßnahmen ist geplant, zudem will Trump auch die Körperschaftssteuer weiter senken. Die Finanzierung dieser Steuerentlastungen soll, zumindest teilweise, über Zölle erfolgen. Es kursiert eine Fülle an Zahlen, unsere Basisannahme ist eine zügige Implementierung bereits zu Mitte des Jahres 2025, aber insgesamt eine moderate Erhöhung der Zollsätze, zumal von allen Seiten Verhandlungslösungen angestrebt werden sollten. Aber die zusätzlichen Zolleinnahmen dürften nicht ausreichen, um die geringeren Steuereinnahmen auszugleichen. Der ohnehin schwierige Pfad der US-Staatsschulden dürfte damit weiter strapaziert werden.
Trump wird deutlich besser vorbereitet in seine zweite Amtszeit gehen.
Ein weiteres Thema, welches sich wie ein roter Faden bei Trump durchzieht, ist das Thema „Immigration“. Zwar hat sich die Zahl der Grenzübertritte bereits im diesem Jahr deutlich von den Spitzenwerten in den ersten Jahren von Bidens Amtszeit reduziert, liegt aber immer noch über dem Niveau von Trumps erster Präsidentschaft. Eine weitere Verschärfung der
Grenzkontrollen scheint wahrscheinlich, allerdings hat Trump im Wahlkampf ebenfalls mit massenhaften Abschiebungen gedroht. Medienwirksame Inszenierungen dürften gewiss sein, die tatsächlich großflächige Umsetzung ist aber komplex und für viele US-Unternehmen mit hohen wirtschaftlichen Kosten verbunden, so dass der Druck auf Trump, in dem Bereich nicht zu restriktiv vorzugehen, eine signifikante Verminderung des Arbeitskräfteangebots verhindern sollte.
Diese Politikvorhaben haben eines gemeinsam, sie sprechen alle für einen höheren Inflationsdruck. Trump will diesen mit niedrigen Energiepreisen durch höhere Ölförderung ausgleichen („Drill, Baby, Drill“). Gleichzeitig wird aber die Unabhängigkeit der FED immer wieder hinterfragt, was mit Sicherheit nicht zur Verankerung der Inflationserwartungen beiträgt. Ein direkter Angriff auf die Unabhängigkeit der FED scheint aktuell eher unwahrscheinlich. Powells Amtszeit endet aber im Mai 2026 und dann sollte Trump einen neuen FED-Präsidenten einsetzen, eine für Märkte bedeutende Personalentscheidung.
Wachstumsseitig dürfte der Impuls der Steuerreform erst 2026 kommen, Deregulierung und verbesserte Stimmung vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen sollten aber helfen, die negativen Wachstumsimpulse von Zöllen auszugleichen.
Die initiale Marktreaktion auf die „Red Wave“ war weitgehend gemäß unserer Erwartungen: Ein stärkerer US-Dollar, höhere US-Aktien, höhere Inflationsprämien, höhere Renditen für 10-jährige US-Treasuries und eine steilere Zinsstrukturkurve. Da Trump sein Amt nicht vor dem 20. Januar 2025 antreten wird, können wir davon ausgehen, dass die Ungewissheit an den Kapitalmärkten zunächst hoch bleiben sollte, getrieben von Spekulationen über sein Schattenkabinett, seinen politischen Prioritäten und die eigenen, manchmal erratischen Kommentare in den sozialen Medien.
Zweier Dinge kann man sich aber gewiss sein: Zum einen wird Trump deutlich besser vorbereitet in seine zweite Amtszeit gehen, ähnliche Reibungsverluste wie 2017 sind dieses Mal nicht zu erwarten. Zum anderen werden Europa die Auswirkungen in den nächsten vier Jahren deutlich schwerer treffen, als noch in seiner ersten Amtszeit – hat es doch in den letzten acht Jahren deutlich an Einfluss und Robustheit verloren.
Stimulus in China – hilfreich, aber bisher nicht genug
Nachdem sich China im Laufe des Jahres 2024 wegen schwacher heimischer Nachfrage zu einem der globalen Sorgenkinder entwickelt hatte, wurden von offizieller Seite ab Ende September eine ganze Reihe von Maßnahmen unternommen, um die Wachstumsperspektiven und die Stimmung der Wirtschaft zu verbessern.
Die Situation ist immer noch im Fluss, aber die Leitlinien des Plans zeichnen sich bereits ab. Ziel ist nach unserer Einschätzung, über eine Stabilisierung des Immobilien- und Aktienmarktes den Konsum und damit die heimische Nachfrage zu stimulieren. Während für den Aktienmarkt durch die Zentralbank zwei Fazilitäten geschaffen wurden und damit eine deutliche Erholung einher ging, ist die Lage am Immobilienmarkt schwieriger.
Der Plan hier besteht darin, die Nachfrage über niedrigere Hypothekenzinsen und gelockerte Kreditkonditionen zu unterstützen. Zugleich soll das Angebot an leerstehenden Wohnungen durch einen Aufkauf solcher Immobilien durch Lokalregierungen reduziert werden, die diese dann in Sozialwohnungen umwidmen. Für diesen Zweck dürfen sie in Zukunft Einnahmen aus speziellen Anleihen verwenden, die bisher ausschließlich Infrastrukturinvestitionen vorbehalten waren.
Die Finanzen von Lokalregierungen sind wegen einbrechender Einnahmen aus Landverkäufen schwach und die historischen impliziten Schulden hoch. Letztere stammen zum Beispiel aus Infrastrukturprojekten, die verlustbringend waren und durch Zweckgesellschaften finanziert wurden. Lokalregierungen sollen nun durch einen Swap bestehender impliziter Schulden, für die sie meistens sehr hohe Zinsen zahlen müssen, in offizielle niedrigverzinsliche Schulden entlastet werden. Der Gesamtumfang dieses Programms beträgt über die nächsten drei bis fünf Jahre 10 Billionen Yuan (also ca. 1,3 Billionen Euro) und soll über die Laufzeit insgesamt 600 Milliarden Yuan an Zinszahlungen sparen.
Was noch fehlt, sind konkrete „neue“ fiskalische Ausgaben zur Stimulierung der Nachfrage, insbesondere des privaten Konsums und für den Immobiliensektor. Hierfür wären signifikante zusätzliche Mittel von Seiten der Zentralregierung notwendig. In Anbetracht des Wahlsieges von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen ist der Druck für zusätzlichen Stimulus gestiegen und wir erwarten bis Jahresende hier Zugeständnisse.
Was heißt das für die Kapitalmärkte? Eine Stimulierung der heimischen Nachfrage in China ist natürlich positiv, allerdings sollte es sich nicht um eine Größenordnung ähnlich der Perioden 2008/09 oder 2015/16 handeln, als China die Weltwirtschaft damit spürbar unterstützte. Wir erwarten zwar eine Stabilisierung Chinas, aber einen limitierten Impuls für die Weltwirtschaft und werten das eher als einen positiven Effekt für chinesische denn für globale Kapitalmärkte.
Holger Brüll
Senior Analyst Research
Ein Espresso mit …
Nicolai Schmid, Director Institutional Sales, im Gespräch mit Uwe Krause, Head of Real Estate Asset- and Fund Management
NS: Mit über 40.000 Teilnehmern aus 75 Ländern und fast 1.800 Ausstellern fand im Oktober die EXPO REAL
in München statt. Wie ist denn die allgemeine Stimmungslage?
UK: Außerhalb Deutschlands hat sich das Sentiment für Immobilieninvestitionen schon deutlich verbessert. Dies beobachten wir vor allem in den Metropolen London und Paris, aber auch in den Niederlanden. Im skandinavischen Raum sehen wir ebenfalls schon wieder großvolumige Transaktionen. In Deutschland herrschte bisher eher Zurückhaltung, auf der Messe war in Teilen aber Aufbruchstimmung zu spüren.
NS: Sehen wir das auch schon in konkreten Daten?
UK: Ja. So hält zum Beispiel die Aufwärtstendenz des Stimmungsindikators Immobilienklima (gemessen durch die Deutsche Hypo und Bulwiengesa*) an. Gegenüber dem September klettert der Index in der letzten Monatsbefragung um 2,6 Prozent und verzeichnet damit erneut einen vorläufigen Jahreshöchstwert. Und auch die Marktberichte vieler Akteure zeigen für das dritte Quartal ansteigende Aktivitäten.
NS: Gilt dies für alle Bereiche oder siehst Du hier Unterschiede?
UK: Auf den Wohnungsmärkten gibt es weiter einen deutlichen Nachfrageüberhang, gerade in den großen Metropolen. Gleichzeitig wird wenig neu gebaut. Dies führt bei geringer Neubautätigkeit zu steigenden Mieten, daher stehen Wohnungen bei den meisten Investoren ganz oben auf dem Einkaufszettel. Der Logistiksektor ist ebenfalls weiter hoch im Kurs. Anders sieht es bei Einzelhandelsimmobilien aus. Hier haben deutliche Preiskorrekturen und Verkäufe aus der Insolvenzmasse von Projektentwicklern zu prominenten und großvolumigen Transaktionen geführt. Interessant bleibt aber aus unserer Sicht das lebensmittelgeankerte Fachmarktsegment, wo kaum Neubauprodukte auf den Markt kommen.
NS: Fehlen noch die Büroimmobilien. Von Everybody‘s Darling zum Problemfall?
UK: An dieser Stelle müssen wir differenzieren. Moderne und flexible Büros in den CBD-Lagen sind von den Nutzern – trotz aller Homeoffice-Unkenrufe – stark nachgefragt. Hier beobachten wir weiterhin deutliche Mietsteigerungen bei mittelfristig sinkendem Angebot. Gleichzeitig erwarten wir für ältere und dezentrale Büroflächen kaum noch Nachfrage.
NS: Wie ist dein persönliches Fazit zur EXPO REAL?
UK: Die MEAG war – zum erstem Mal seit über zehn Jahren – wieder mit einem eigenen Stand vertreten, der sehr gut bei unseren Gästen angekommen ist. Wir freuen uns schon auf das nächste Jahr!
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Europäische Aktien – Cheap for a reason?
Wenn es um das Investieren in globale Aktienmärkte geht, kommt man an US-Unternehmen nicht vorbei. Schließlich repräsentieren sie – je nach Investmentuniversum – circa 70 Prozent der globalen Marktkapitalisierung.
„Relative Bewertung“ jedoch ist ein Argument für europäische Aktien, die in den letzten 20 Jahren immer günstiger bewertet waren als ihre US-Pendants. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis – kurz KGV – für den MSCI Europe Index notiert momentan bei circa 14x. Das steht einer stolzen Bewertung von 23x für den MSCI US Index gegenüber. Der Bewertungsabschlag von 9x bewegt sich aktuell deutlich über dem historischen Wert von 4 bis 5x. Da stellt sich die natürliche Frage: Sind europäische Aktien unterbewertet? Wenn man bedenkt, dass der US-Aktienmarkt historisch deutlich bessere Renditen erwirtschaftet hat, sollte man skeptisch sein und genauer analysieren, was diese Bewertungsdivergenz treibt.
Oftmals wird die unterschiedliche Sektorenzusammensetzung als Grund herangezogen. Das Argument lautet: Technologiewerte repräsentieren über 30 Prozent der Marktkapitalisierung der US-Standardwerte. In Europa sind es lediglich 7 Prozent. Die Aussage ist faktisch korrekt, gibt aber keinen Aufschluss, ob die Prämie gerechtfertigt ist, da sie nicht auf den Grundprinzipien der Bewertung basiert.
Das Konzept der Unternehmensbewertung lautet: Der intrinsische Wert einer Aktie ist der Barwert aller zukünftigen Cashflows. Folgende Variablen werden also in der vereinfachten Methodik durch Bewertungsmultiples – wie dem KGV – nicht abgedeckt: An erster Stelle steht langfristiges Wachstum der Cashflows über das Bewertungsjahr hinaus, gefolgt von der Ergebnisvolatilität und der Ergebnisqualität. Ergebnisvolatilität, also starke Schwankungen über den Konjunkturzyklus, sollten in einem Bewertungsabschlag resultieren, da konjunkturanfällige Aktien gerade im schwierigen Marktumfeld stärker verlieren, was die Risikoprämie erhöht. Qualitativ hochwertige Ergebnisse sind untermauert durch starke Cashflows, hohe Kapitalrenditen und gute Visibilität.
Europa sieht günstig aus – es gibt aber leider auch gute Gründe dafür.
Schauen wir uns die Sektorenzusammensetzung vor diesem Hintergrund noch einmal genauer an: In Europa werden zwei Drittel des Nettogewinns der Indizes in der Finanzbranche (28 Prozent), mit Industriegütern (13 Prozent), mit Nicht-Basiskonsumgütern (12 Prozent, vor allem Autos) und im Gesundheitswesen (10 Prozent) erwirtschaftet: Allesamt reife Branchen mit weniger strukturellem Wachstum, zum Teil hoher Kapitalintensität und, abgesehen von Gesundheitswesen, sehr zyklischen Ergebnissen mit unterdurchschnittlicher Visibilität. Letzteres haben die europäischen Autohersteller in der laufenden Berichtssaison eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Das stellt einen starken Kontrast zum US-Markt dar, in dem zwei Drittel des Nettoertrags im Technologiesektor (23 Prozent), im Finanzbereich (19 Prozent), im Gesundheitswesen (12 Prozent) und in der Kommunikationsbranche (11 Prozent – im Wesentlichen die Internetriesen Alphabet und Meta) generiert werden. Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz, Cloud Computing und E-Commerce bieten Chancen für langfristiges Wachstum im Technologie- und Kommunikationssektor.
Abgesehen von der Branchenverteilung bestehen auch wesentliche Unterschiede innerhalb der Sektoren zwischen europäischen und US-Unternehmen. Im Technologiebereich finden wir in den USA im Halbleiterbereich die wahren Profiteure von Künstlicher Intelligenz, außerdem globale Softwareunternehmen, die ihre Dienstleistung als Service anbieten, also niedrige Volatilität und hohe Ergebnisqualität vorweisen. Sowohl der Return on Invested Capital – kurz ROIC – als auch die Free-Cashflow-Marge ist mit 43 und 30 Prozent in etwa doppelt so hoch wie bei europäischen Tech-Werten. Im Kommunikationssektor treten traditionelle europäische Telekomanbieter gegen Alphabet und Meta an. Der ROIC der US-Unternehmen ist mit 21 Prozent mehr als dreimal so hoch. ROICs sind, abgesehen vom Gesundheitssektor, in den USA grundsätzlich höher, was für eine gute Ergebnisqualität spricht. Der Shareholder-freundliche Ansatz, der den Aktionär vor die anderen Stakeholder stellt, sorgt außerdem dafür, dass die hohen Cashflows effizient allokiert werden, unter anderem durch große Aktienrückkaufprogramme, was zusätzlich die Gewinnsteigerung pro Aktie unterstützt.
Man zahlt also mehr für Cashflows, die stärker wachsen, stabiler sind und höhere Visibilität haben. Die Ausweitung des Bewertungsabschlags europäischer Aktien ist auch darauf zurückzuführen, dass diese Unterschiede heute stärker ausgeprägt sind als in der Vergangenheit.
Soweit die Bewertungstheorie. Märkte sind natürlich auch immer Momentum-getrieben. Die schwache wirtschaftliche Dynamik in Europa und China, im Gegensatz zur starken US-Wirtschaft, spielt sicherlich auch eine wichtige Rolle. Insbesondere die Indexschwergewichte in den USA – mit Ausnahme von Apple – haben keinen signifikanten Umsatzanteil in China.
Fazit
Europa sieht günstig aus, es gibt aber leider auch gute Gründe dafür. Es erscheint also eher unwahrscheinlich, dass sich der Bewertungsabschlag von heute auf morgen auf den historischen Durchschnitt zurück bewegt.
Covered Bonds: Eine Anlageklasse im Wandel
Über die aktuellen Entwicklungen am Covered-Bond-Markt spricht Alexander George, Head of Institutional Sales D-A-CH, mit Jakob Reithmann, Senior Portfolio Manager Active Fixed Income Macro, und mit Dr. Sabine Winkler, Credit Research Analystin.
AG: Der Covered-Bond-Markt scheint gerade ziemlich in Bewegung zu sein. Sabine, kannst du uns einen kurzen Überblick geben?
SW: Gerne. Stimmt, die Investoren beschäftigen derzeit die Auswirkungen des Rückzugs der Zentralbanken als große Käufergruppe, Sorgen im Hinblick auf die Bewertung von Gewerbeimmobilien und das sich ständig ändernde regulatorische Umfeld. Hierbei spielen insbesondere mögliche Anpassungen der vor knapp zwei Jahren eingeführten Covered Bond Directive sowie die zunehmende Novellierung im Bereich ESG eine Rolle.
AG: Wie hat sich der Covered-Bond-Markt in diesem Jahr behaupten können?
JR: Positiv, er weist seit Jahresanfang eine Performance von 2,7 Prozent auf. Hierzu hat neben den attraktiven Bewertungen zu Jahresbeginn sicher auch das unterstützende makro-ökonomische Umfeld beigetragen. Doch blickt man hinter die Fassade, also auf die Entwicklung der Risikoaufschläge gegen Swaps, fällt das Fazit gemischter aus. So handeln europäische Covered Bonds zurzeit nahe der Jahreshöchststände, also circa 7 Basispunkte weiter als vor der Europawahl.
AG: Welche Gründe seht Ihr dafür?
SW: Verschiedene Faktoren beeinflussen den Preis von Covered Bonds. Fundamental sind dies unter anderem die
Produkt- und Emittentenqualität sowie die Qualität der Deckung. Darüber hinaus wirken technische Faktoren – wie zum Beispiel regulatorische Aspekte – sowie das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage auf den Markt. So konnten wir auf der einen Seite in diesem Jahr ein im Vergleich zu 2022 und 2023 reduziertes Netto-Angebot beobachten, dies sollte sich auch
in den nächsten Monaten fortsetzen. Andererseits hat sich jedoch nach dem fast vollständigen Rückzug der EZB die Nachfrage stark verändert und agiert nun deutlich preissensitiver als in der Vergangenheit.
JR: Darüber hinaus hat die Entwicklung der europäischen SSA-Märkte* eine wichtige Rolle gespielt. Angesichts der stark gestiegenen Zinsen, erhöhter Staatsverschuldung sowie dem Rückzug der EZB haben sich die Risikoaufschläge europäischer Staaten seit dem Tief im Herbst 2022 um durchschnittlich 60 Basispunkte ausgeweitet. In Verbindung mit hoher geplanter Neuemissionstätigkeit in den nächsten Jahren haben sich damit auch die Spreads von anderen SSAs, wie zum Beispiel der Europäischen Union, deutlich ausgeweitet. Darüber hinaus lasten die politischen Situationen, etwa in Frankreich oder Deutschland, schwer auf dem Markt.
AG: Ihr habt die EZB angesprochen, die seit etwas über einem Jahr nur noch marginal als Käufer auftritt und ihre Bestände um circa 15 Prozent reduziert hat. Welche Auswirkungen ergeben sich hieraus?
SW: Die Anlegerstruktur von Covered Bonds ist heute vielfältiger und dynamischer. Mit dem Ende des Quantitative Easing der EZB hat die Bedeutung von Banken und Asset Managern, die wieder als zentrale Käufer von Covered Bonds auftreten, zugenommen. So haben gerade Asset Manager in diesem Jahr fast ein Drittel aller Covered-Bond-Neuemissionen erworben – ein Plus von 7 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.
JR: Und auch die Struktur des Sekundärmarkts hat sich aufgrund der stärkeren Nachfrage von Asset Managern verändert: Es findet nicht nur mehr Handel statt, sondern dieser wird auch zu geringeren Kosten abgewickelt. Darüber hinaus achten Marktteilnehmer vermehrt auf die relative Bewertung von Covered Bonds zu anderen Spread-Produkten wie SSAs und unbesicherten Finanzanleihen. Die Korrelationen zwischen den Märkten haben sich entsprechend erhöht. Zudem findet wieder eine differenziertere Preisfindung zwischen den Programmen, Emittenten und Deckungsstöcken statt. Der Covered-Bond-Markt bewegt sich also graduell zurück in ein EZB-freies Gleichgewicht.
AG: Schätzt ihr die Werthaltigkeit von Covered Bonds heute anders ein? Die grundsätzliche Struktur mit den unterschiedlichen Besicherungen hat sich ja nicht verändert, oder?
JR: Richtig, Covered Bonds verfügen weiterhin über mehrere Besicherungsmechanismen. Zum einen liegen dem klassischen Pfandbrief eine Reihe von Hypothekendarlehen mit einer durchschnittlichen Beleihung von circa 50 Prozent zugrunde, das heißt, die Objekte könnten knapp die Hälfte an Wert verlieren, bevor ein Darlehensnehmer einspringen müsste.
Zum anderen verlangen rechtliche Vorschriften, dass Emittenten die Kredite, deren Beleihung die 80-Prozent-Marke überschreitet, entweder austauschen müssen oder nur zu einem Teil anrechnen dürfen. Dementsprechend bildet die Überdeckung, also der Anteil der Kredite, der bisher nicht als Deckung genutzt wird, einen weiteren Puffer.
Zuletzt schützt auch noch der durch den starken Zinsanstieg entstandene Abschlag gegenüber Par die Investoren. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass Hypothekenpfandbriefe im Schnitt einem Wertverlust der zugrunde liegenden Immobilien von circa 54 Prozent standhalten könnten. Für Papiere mit einer Restlaufzeit von über zehn Jahren steigt dieser Wert auf knapp 62 Prozent beziehungsweise vereinzelt sogar auf über 75 Prozent an. Wir können also weiterhin von einer hohen Werthaltigkeit des Produkts ausgehen.
Unser Börsen-Podcast Kapitalmarkt kompakt mit unseren erfahrenen Kapitalmarktexperten Dr. Jürgen Callies und Alexander Hauser:
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