Schon gewusst?
Schuldenbremse – Ursprung und Auswirkung.
Schon die Mitglieder des Parlamentarischen Rates wussten bei Ausarbeitung des Grundgesetzes (GG) in den Jahren 1948/49, dass sie die öffentliche Kreditaufnahme begrenzen müssen. Denn eine Regierung wird lieber Schulden aufnehmen und die Zahlungslast auf später verschieben, bevor sie ihre Wähler mit höheren Steuern verprellt. Der Anreiz zur Schuldenaufnahme ist zu hoch, die Schuldenberge würden ins Unermessliche wachsen, und die Bürgerinnen und Bürger tun gut daran, ihrer Regierung Grenzen zu setzen. Entsprechend begrenzt Artikel 115 GG die Kreditaufnahme für den Bund.
Was für den Bund geregelt ist, galt lange Zeit nicht für die Bundesländer. Entsprechend beschloss die Föderalismuskommission Anfang 2009, auch den Ländern entsprechende Vorgaben zu machen. Für beide wurden in Artikel 109 GG Regeln gesetzt, um ihre Haushaltsdefizite zu reduzieren. Diese Norm ist allgemein als „Schuldenbremse“ bekannt.
Sie wurde zwar 2009 beschlossen, aber im Verlauf der Finanzkrise 2008/2009 stiegen die öffentlichen Defizite bei Bund und Ländern. An eine planmäßige Rückführung von Schulden war nicht zu denken, und so wurde die Anwendung der Schuldenbremse um ein paar Jahre verschoben. Und dieses Jahr? Wir haben die Corona-Pandemie mit ihren wirtschaftlichen Auswirkungen und dazu Hochwasserschäden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – die Bürgerinnen und Bürger erwarten staatliche Unterstützung. Die Folge: neue Kreditaufnahmen auf dem Kapitalmarkt!
Die „Schuldenbremse“ ist in der öffentlichen Diskussion das Stichwort für die Frage der gesellschaftlich optimalen staatlichen Kreditaufnahme. In der Tendenz lässt sich erkennen, dass eine höhere Verschuldung angesichts sehr niedriger Zinsen heute eher politische Zustimmung findet als noch vor einigen Jahren. Konsens dürfte sein, dass die Parlamente bei einer höheren Kreditaufnahme zwingend einzubinden sind und dass die im Grundgesetz vorgesehenen Hürden zur Schuldenaufnahme hoch sein sollten. Aber nicht so hoch, dass keine Ausnahmen mehr möglich sind. Wichtig bleibt, dass es einen sinnvollen Plan zur Rückführung gibt und die Höhe der neuen Verpflichtungen genau bestimmt ist. Nur dann haben künftige Generationen den nötigen Spielraum, um auf die Herausforderungen ihrer Zeit reagieren zu können – und nicht nur die Schulden voriger Regierungen abzutragen. Die Suche nach der richtigen Balance wird also weitergehen.